Erfahrungsbericht Die Post
Es dauert ein Weilchen, bis ich im IT-Zentrum der Post in Zollikofen angekommen bin. Brief- und Paketversand, PostAuto, PostFinance, Poststellen, Kundendienste, Logistik und vieles mehr gehören zur Post; die IT hat alle Hände voll zu tun. Und das, obwohl die Post im Email-Zeitalter eigentlich überflüssig wird, oder? „Die Post lebt heute neben dem Brief- und Paketversand von vielen weiteren Dienstleistungen“, erklärt Barbara Schürmann. Sie ist HR-Mitarbeiterin der IT Post. Die Post versuche, immer mit der Zeit zu gehen. Neue Technologien werden integriert, um sämtliche Prozesse für den Kunden zu erleichtern. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist zum Beispiel die Digitalisierung der Briefkästen mit der elektronischen Briefplattform ePostOffice. Grundsätzlich heisst es: physisch und digital. Dennoch machen Pakete und Briefe den grössten Teil des Umsatzes aus, gerade heute, wo mehr und mehr Onlinelieferdienste den Markt beherrschen. Der Zalando-Effekt ist also spürbar.
Trotzdem liegt es der Post am Herzen, dass auch ihr Image mit der Zeit geht. Man will Innovation fördern und die Mega-Trends der Zeit in Dienstleistungen und Marketing einbeziehen. Ein Beispiel dafür ist der „PostCard Creator“, eine App, mit der sich alle 24 Stunden kostenlos eine Postkarte mit selbst aufgenommenen Fotos verschicken lässt. Der „PostCard Creator“ war ein Projekt aus dem Management. Das Ziel sei nicht der finanzielle Erfolg gewesen, sondern die Reichweite der App und das potentielle Publikum (beispielsweise mich) herauszufinden, erklärt Barbara Schürmann. Auch das passe zum Image der Post: einfach mal etwas auszuprobieren.

Screenshots aus der PostCardCreator-App. Quelle: https://www.post.ch/post-mobile-postcard-creator-app-iphone
„Lerne Gelb“ ist das Schlagwort, unter dem die Post mit zwei Lehrgängen zum Informatiknachwuchs beiträgt. Zum einen mit der normalen vierjährigen Informatiklehre, zum andern mit der relativ jungen way-up-Lehre, die nur zwei Jahre dauert und sich an Maturandinnen und Maturanden richtet. Zwei Lernende sitzen nun vor mir. Elena, angehende Informatikerin im 3. Lehrjahr und Stefanie, die sich im 2. Jahr der way-up-Lehre befindet. Der dritte im Bunde ist Michael, ehemaliger way-up-Lernender und mittlerweile festangestellter Softwareentwickler. Wieso soll ein junger Mensch seine IT-Lehre bei der Post absolvieren? „Wieso nicht?“, fragt Stefanie zurück und lacht. Die 24-jährige kommt ursprünglich aus einem ganz anderen Gebiet. Nach einem Austauschjahr in Japan hat sie den Bachelor in Japanologie gemacht. Doch Jobs in diesem Arbeitsfeld sind eher rar. Da der grosse Bruder in der Informatik tätig ist, beschloss sie, die way-up-Lehre in Angriff zu nehmen. An der Informatik habe sie in erster Linie das Gestalterische interessiert. Der sichere Arbeitsplatz und die vielen unterschiedlichen beruflichen Einsatzmöglichkeiten seien aber auch ausschlaggebend gewesen. Die Branche ist zukunftsorientiert, das gefällt ihr. Die Lehre macht ihr Spass. Dem Klischee des Kellerinformatikers begegne Stefanie zwar häufig, es stört sie aber nicht. In ihrem Job erhalten alle den gleichen Respekt, egal ob Mann oder Frau, das finden alle drei.

„Mit Gelb triffst du ins Schwarze“ – Ein Plakat aus dem Bbc in Bümpliz (inklusive IT-dreamjobs).
Elena hat durch Zufall zu ihrem heutigen Traumberuf gefunden. Dafür nimmt sie täglich einen Hin- und Rückweg von jeweils 1:40 Stunden in Kauf! Übers KV und eine Mediamatikschnupperlehre hat sie die Informatik für sich entdeckt. Ein Flair für Technik begleitet sie schon ihr ganzes Leben. Auch bei Michael war es der Zufall, oder besser die Maturaarbeit, die ihn zur Informatik führte. Mit einem Freund habe er für die Maturaarbeit eine App programmiert. Nach einem sehr kurzen abgebrochenem Englisch- und Französischstudium habe er sich für die way-up-Lehre entschieden. Heute arbeitet er als iOS-Programmierer und studiert nebenbei noch an der FH Informatik. Für das Studium erhält er sogenannte Ausgleichstage, bezahlte Zeit zum Lernen. Dadurch kann er während des Semesters nur 60% arbeiten, erhält jedoch den Lohn eines 80%-Angestellten. Ausserdem übernimmt die Post drei Viertel der Ausbildungskosten. Er schliesst sich Barbara Schürmann an, als sie die Post als eine flexible und unterstützende Arbeitgeberin beschreibt.
Der Altersdurchschnitt bei IT Post ist eher hoch, doch der Generationenmix bringt viele Vorteile. Die älteren Mitarbeiter bringen unschätzbare Erfahrung und Know-how mit, während die jüngeren am Puls der Zeit sind und die ältere Generation mitziehen. Interne Weiterbildungen sind aber auch hier entscheidend, um alle auf dem neusten Stand zu halten.

Sie lernen gelb: Michael, Stefanie und Elena.
Severin Küpfer ist Leiter des Berufsbildungscenters (Bbc) der IT Post in Bümpliz. Nach einer Fahrt mit vielen Fahrzeugwechseln (inklusive Postauto), treffe ich dort ein. Im Bbc erhalten die Informatiklernenden im 1. Lehrjahr ihre Basisausbildung. Die Post bildet in den Richtungen Systemtechnik und Applikationsentwicklung aus. Neu wird zusätzlich zum way-up auch ein PiBS angeboten. PiBS, das heisst praxisintegriertes Bachelorstudium in Informatik. Es richtet sich an Studierende, die direkt nach dem Gymnasium nicht wieder nur im Hörsaal sitzen wollen, sondern bereits den Arbeitsalltag suchen. PiBS dauert vier Jahre und ist eigentlich wie eine Lehre aufgebaut. Die Hälfte der Zeit verbringen die Studierenden im Hörsaal der FFHS, die andere Hälfte im Betrieb. Die Post ist das erste Unternehmen, das den PiBS Lehrgang anbietet. Mit zehn Studierenden startet die Post dieses Jahr. Wenn sich PiBS etabliert hat, werden es sicherlich mehr sein.
Severin Küpfer leitet nicht nur das Bbc, er bildet auch aus und fährt an Gymnasien und Sekundarschulen, um junge Menschen von der Informatik zu begeistern. Zumeist erwartet ihn dort ein trauriges Bild. „Die Informatik wird noch immer vor allem als Werkzeug vermittelt statt als kreatives und produktives Arbeitsfeld“, erzählt er. Das Bild des Nerds sei tief verankert. Auch aus diesem Grund beteiligt sich die Post an Förderprogrammen wie IT-dreamjobs und den Swiss Skills. Dennoch hat Severin eigentlich kein Problem, seine 17 Lehrstellen zu besetzen. Jährlich erhält er über 300 Bewerbungen. Da nur wenige die sehr hohen Anforderungen an angehende Informatiker und Informatikerinnen erfüllen, reissen sich alle Firmen um die besten Bewerbungen. Aber die Schulleistungen seien nicht das Wichtigste, sagt Severin. Er stelle auch mal einen Sek B-Schüler ein. Wichtig seien kommunikative und kreative Fähigkeiten, ebenso wie Freude am Finden von Lösungen und die Fähigkeit, abstrakt zu denken. Er will engagierte und motivierte Mitarbeitende ausbilden.
Die Post ist ein guter Arbeitgeber, weil…